Das hässlichste Kind des Neoliberalismus
Pegida habe sich radikalisiert, nach rechts entwickelt, fasste die ARD in einer - recht ordentlich recherchierten - Reportage über das Phänomen aus Dresden unlängst zusammen. Stimmt das?
Wer Augen und Ohren hat und beides auch benutzt, muss dieser Aussage energisch widersprechen. Schon der Name des Ganzen und die ersten "Spaziergänge" ließen - auch optisch - keinen Zweifel aufkommen, womit man es hier zu tun hatte. Wer heutzutage in einem Land mit Millionen Einwohnern nichtdeutscher Herkunft mit dem Begriff Patriotismus, also Vaterlandsliebe, politisch Stimmung macht, zeigt deutlich, wo er steht. Wer dem noch die Gegensätzlichkeit zweier Weltreligionen hinzufügt, dem geht es um Provokation.
Vor gut fünf Jahren stellte der Soziologe Wilhelm Heitmeyer einen Zwischenbericht seiner Langzeitstudie "Deutsche Zustände" vor und diagnostizierte darin einen seit Jahren zu beobachtenden, Besorgnis erregender Anstieg der Verunsicherung und Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Damit einher ginge, so Heitmeyer, eine schwindende Akzeptanz der Kernnormen Gerechtigkeit, Solidarität und Fairness in der Mitte der Gesellschaft, begleitet von einem Gefühl politischer Machtlosigkeit, das sich momentan noch in einer "wutgetränkten politischen Apathie" äußere. Heitmeyer warnte vor fünf Jahren ausdrücklich davor, dass dieser Zustand ein günstiger Nährboden für Rechtspopulisten sei und hob hervor, dass die große Gefahr dabei in einer Beschreibung der Realität durch die neuen Rechten liege, die er selbst inhaltlich jederzeit unterschreiben könne.
Und so bleibt zu konstatieren, dass Pegida sich nicht nach rechts entwickelt hat, sondern vielmehr das Ergebnis eines verbreiteten und bewusst herbeigeführten moralischen Werteverlustes ist, der Menschen überhaupt nicht mehr erkennen lässt, dass ihre Ansichten problematisch sind. Pegida ist ein Kind des Neoliberalismus. Nichts zeigt dies deutlicher, als die verbal vorgebrachte Verachtung des Parlamentarismus und der postulierte Hass gegen "links-grün versiffte Gutmenschen". Darin sind sich die Neoliberalen nämlich einig: die Erfolgreichen in den Banken, Weltkonzernen und Redaktionsstuben, wie auch die eher Erfolglosen, die von Abstiegsängsten geplagten bei Pegida.
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